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Betreuung von Kleinkindern

Betreuung von Kleinkindern

Eines vorweg: eine Betreuung von Kleinkindern durch eine andere Person außer der Mutter gab es schon immer. Die Natur hat es nie vorgesehen, dass wir Mütter (oder Väter) unsere Kinder alleine groß ziehen. Wir waren schon immer auf Hilfe von anderen angewiesen – auch bei der Betreuung unserer Kinder. Wir Menschen sind ein kooperativ aufziehende Art. Die Betreuung von Kleinkindern wurde also von je her auch schon von Opa, Oma, Tante, Onkel, Bruder, Cousin und Cousine übernommen. Was jedoch relativ „neu“ ist: Die Betreuung durch Fremde. Also durch Menschen, die nicht zur Familie gehören.

Zusätzlich sollte jede Familie für sich entscheiden ob und welche Form der Betreuung für sie passt. Wollen beide Vollzeit arbeiten? Möchte ein Elternteil lieber ganz zu Hause bleiben. Genügt es, wenn das Kind zwei Vormittage in der Woche außer Haus betreut wird? Und so individuell, wie jede einzelne Familie das für sich entscheidet, so individuell sind auch die Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder.

Egal ob durch Verwandte, Tagesmutter, Kinderkrippe oder Kindergarten: die Wahl der „richtigen“ Betreuung von Kleinkindern ist manchmal schwerer als zunächt angenommen. Denn nicht immer bekommen wir einen Platz bei einer Tagesmutter oder in der Wunscheinrichtung. Vielleicht passen die Betreuungszeiten nicht zu unserer Lebens- und Arbeitssituation. Oder aber das Kind fühlt sich nicht wohl und will gar nicht erst hin.

Und was ist, wenn wir feststellen, dass wir uns mit der gewählten Lösung nicht mehr wohlfühlen. Wenn das so ein Gefühl ist, ob eine andere Betreuung vielleicht besser wäre? Was macht eine gute Betreuung überhaupt aus?

Für viele (nicht für alle!) Eltern gilt bei der Wahl einer Einrichtung folgende Rangfolge (Betreuungspyramide nach Sarah Schäppi):

  1. Verfügbarkeit und Kosten
  2. Bildung und Förderung / Räume und Konzepte
  3. Soziales Lernen / Kontakt mit Kindern / sekundäre Bezugspersonen
  4. Sichere Bindung an Bezugspersonen / achtsamer, kindzentrierter Eingewöhnungsprozess

Wenn wir unsere Kinder fragen würden, was ihnen bei der Betreuung am wichtisten wäre, sähe die Rangfolge so aus (Betreuungspyramide nach Sarah Schäppi):

  1. Sichere Bindung an Bezugspersonen / achtsamer, kindzentrierter Eingewöhnungsprozess
  2. Soziales Lernen / Kontakt mit Kindern / sekundäre Bezugspersonen
  3. Bildung und Förderung / Räume und Konzepte
  4. Verfügbarkeit und Kosten

Eigentlich liegt es auf der Hand: ein Kind braucht eine sichere Bindung zu seiner Bezugsperson. Egal, ob das die Tagesmutter / Tagesoma, die Erzieherin in der Krippe bzw. dem Kindergarten oder ein Babysitter oder ein Au-Pair ist. Ein Kind profitiert sehr viel mehr (und vor allem nachhaltig) von einem achtsamen und wertschätzenden Umgang durch die Bezugsperson, als durch eine zweite Fremdsprache oder „besondere Angebote“ durch die Einrichtung.

Woran erkenne ich, dass es meinem Kind mit der gewählten Betreuung gut geht? Wann kann sich ein Kind überhaupt selbst beruhigen, sollte es unter Stress leiden? Das ist wichtig zu wissen, vor allem, wenn das Kind fremdbetreut wird. Nicht jede externe Betreuungsperson (auch nicht jedes Fachpersonal) weiß, und in welchem Alter ein Kind lernt, mit Stress umzugehen!

ALTERSTRESSREGULATION
0-6 Monateexterne Regulation
du beruhigst mich
6 Monate bis 3 Jahrewechselseitige Regulation
du beruhigst mich und bist bei mir und ich beruhige mich mit dir zusammen
Ab 3 JahreRückversicherung und Selbstregulation
du bist da und ich beruhige mich, wenn du bei mir bist
Ab 6 Jahre„Echte“ Selbstregulation
ich beruhige mich selbst, vorausgesetzt, die Kinder konnten das lernen
Tabelle: Stressregulation – ab wann kann sich ein Kind „selbst beruhigen“?

Die obere Tabelle zeigt, dass sich ein Kind erst dann selbst beruhigen kann, wenn es in die Schule kommt. Bei allen jüngeren Kindern braucht es immer eine vertraute Bezugsperson, damit das Kind Stress abbauen kann. Stress kann z.B. sein, wenn das Kind wütend ist, traurig, hilflos, verzweifelt etc.

Doch gerade bei den „unerwünschten“ Gefühlen wie „Wut“, werden Kinder nicht begleitet um diesen Stress abzubauen („Hey, ich sehe du bist grad richtig sauer, weil Tom mit dem Traktor spielt und du das auch möchtest!“), sondern oftmals für ihre Gefühle bestraft, z.B. durch „den stillen Stuhl / die stille Treppe“, Ausschluss aus der Gruppe, schimpfen, drohen („Wenn du nicht sofort auffhörst, dann…!“).

Woran erkenne ich, das die Betreuung meines Kindes evtl. nicht passt? Folgende Symptome können ein Hinweis sein:

Dein Kind

  • isst nicht in der Einrichtung (zu hoher Stresspegel > Eingewöhnung überprüfen)
  • quengelt sehr viel mehr „als sonst“
  • ist schnell aufgewühlt, wütend, weinend
  • spielt deutlich mehr und länger alleine (braucht seine Ruhe)
  • ist unkonzentriert und lustlos
  • möchte auch am Wochenende nichts unternehmen
  • ist immer müde
  • wird häufig krank
    Auch nach längerer Zeit in der Betreuung wird das Kind immer wieder krank oder ist sogar chronisch erkältet
    Hinweis: im 1. Jahr der Betreuung ist das noch OK, ab dem 2. Jahr genauer hinsehen (zu viel Stress schwächt das Immunsystem)

Natürlich kann alles auch mal phasenweise auftreten. Das Kind kann z.B. aufgrund eines Wachstumsschubs eine zeitlang einfach müder sein, als normal, oder eben auch quengeliger. Wichtig ist hier, auf die Gesamtheit zu schauen. Sobald ich denke „das ist nicht mehr mein Kind!“ oder „So kenne ich mein Kind überhaupt nicht!“ sollten wir einen Blick auf die Betreuungssituation werfen. Gerade am Anfang kann es sein, dass das Kind launischer, müde oder quengeliger sein als sonst. Wenn es nach ein paar Wochen wieder besser ist, ist meist auch alles prima. Sollte sich dieser Zustand jedoch festigen oder sogar verschlimmern, müssen wir handeln.

Wenn du dir unsicher in Bezug auf die Betreuung deines Kindes hast, dann melde dich gerne bei mir. Ich bin sicher, wir finden gemeinsam Lösungen und Wege.

Die Betreuung von Kleinkindern stellt nicht nur die Kinder selbst vor Herausforderungen sondern auch das Fachpersonal. Oft sind diese unterbesetzt, sodass ein bedürfnisorientierter Umgang häufig überhaupt nicht möglich ist. Aber was können wir tun, sollten wir feststellen, dass das Kind unter der gewählten Betreuung leidet?

  1. Mit der Einrichtung / der Tagesmutter etc. sprechen
    Die externe Betreuung sollte IMMER die erste Anlaufstelle sein. In einer Kindertageseinrichtung kann ich zunächst mit den Bezugspersonen direkt sprechen, dann erst ggf. mit der Leitung oder dem Elternbeirat.
  2. Andere Betreuungszeiten
    Vielleicht kann die Betreuung verkürzt werden, weil z.B. die Großetern oder vielleicht eine Nachbarin das Kind aus der Einrichtung früher abholen kann. Vielleicht ist es möglich, die Arbeitszeiten abzuändern (zu reduzieren / umverteilen)
  3. Nachsicht mit dem Kind
    Gerade am Nachmittag sind viele Kleinkinder „durch“. Wenn wir jetzt zusätzlich Stress ins System geben, werden die Nachmittage oder Abende noch anstrengender, als sie ohnehin schon sind. D.h. ich helfe meinem Kind aktiv bei der Stressbewältigung, bin nachsichtig und wohlwollend. Der Stress muss raus.
  4. Eine andere Betreuung
    Evtl. kommt ein anderer Betreuungsplatz in einer anderen Einrichtung oder bei einer anderen Tagesmutter infrage.
  1. Ein anderer Arbeitgeber / Jobwechsel / Abteilungswechsel
    Es mag vielleicht haarsträubend klingen (als ob es so einfach wäre), aber ich habe es tatsächlich gemacht. Damit ich die Betreuungszeiten besser handeln kann und meine Kinder nicht immer grundsätzlich die letzten waren, die abgeholt wurden, habe ich den Arbeitgeber gewechselt. Ich hatte zuvor einen Arbeitsweg von knapp 1 Stunde und konnte diesen dann auf knapp 30 Minuten reduzieren. Dadurch konnte ich die Kinder auch mal mittags abholen und sie mussten nicht grundsätzlich in der Nachmittagsbetreuung bleiben. Die Anzahl der Stunden musste ich nicht reduzieren.
  2. Lohnerhöhung in Form von weniger Arbeitszeit
    Auch das klingt vielleicht einfacher als es ist, aber mancher Arbeitgeber lässt sich gerne darauf ein. Wenn es finanziell passt, kann man bei der nächsten Gehaltsverhandlung durchaus vorbringen, statt einer Lohnerhöhung (die durch die Steuern- und Sozialabgaben dann meist sowieso teilweise wieder geschluckt wird) die Arbeitszeit zu reduzieren. Auch das kann bei der Betreuungsfrage einige Probleme lösen.