Zum Inhalt springen
Die natürliche Geburt

Die Geburt

Geboren wird nicht nur das Kind durch die Mutter, sondern auch die Mutter durch das Kind.

Gertrud von Le Fort
Grafik einer schwangeren Frau kurz vor der Geburt

Bereits vor der Geburt können wir Einfluss auf die Geburtserfahrung nehmen. Gedanken zum Geburtsort und Überlegungen, was uns wirklich wichtig ist, was wir möchten und was wir auf keinen Fall möchten können helfen, die Geburt zu einem wunderbaren Erlebnis zu machen.

Wo fühlst du dich wohl?

Du hast die Wahl. Wo möchtest du dein Kind gebären? Im Großen und Ganzen haben wir die Wahl zwischen

  • Krankenhaus (ggf. mit Beleghebamme)
  • Geburtshaus
  • Hausgeburt (machen leider immer weniger Hebammen)

Wichtig: Du solltest immer einen Plan-B haben, für den Fall, dass du nicht an deinem Wunsch-Geburtsort entbinden kannst. Informiere dich frühzeitig über Alternativen.

Was fühlt sich für dich gut an?

Was hilft dir, um zu entspannen, abzuschalten und dich dem Prozess der Geburt hingeben zu können? Vielleicht eine ruhige Atmosphäre, gedämpftes Licht, vertraute Menschen? Welcher Geburtstyp bist du? Möchtest du, dass man sich während der Geburt um dich kümmert, dich versorgt, dir gut zuspricht, oder möchtest du lieber deine Ruhe haben, um ganz bei dir sein zu können? Was auch immer es ist, was du brauchst – in erster Linie musst DU dich wohlfühlen.

Wer entscheidet, wie du dein Kind gebärst?

DU. Du als Mutter entscheidest, wie du dein Kind gebärst. Denn du bist diejenige, die das Kind unter dem Herzen trägt und du bist diejenige, die das Kind zur Welt bringt. Du weißt am besten, was sich für dich gut anfühlt, was du brauchst und was du möchtest.

Baby im Mutterleib

Seit Januar 2021 gibt es eine wissenschaftlich fundierte Empfehlung, wie eine vaginale Geburt vom Fachpersonal begleitet werden soll: Die S3-Leitlinie Vaginale Geburt am Termin.
S3 bedeutet dabei, dass die Leitlinie den höchsten wissenschaftlichen Anforderungen genügt. Es sind also keine Erfahrungen von Hebammen, Gynäkologen und Ärzten zusammengetragen worden, sondern das Ergebnis umfangreicher Studien.

Die S3-Leitlinie stärkt die Rechte von Eltern. Im Fokus stehen hier die Gebärende und das Kind. Wichtige Punkte der Leitlinie sind u.a.

Grafik der Vagina
  • Respekt
  • Berücksichtigen der Bedürfnisse von Mutter und Kind
  • Freie Geburtsortwahl
  • Sofortiger Hautkontakt zwischen Mutter und Baby
  • Spätes Abnabeln
  • Kein Fundusdruck

uvm.

Die Geburt eines Babys ist nicht ohne. Der menschliche Geburtsweg ist kurvig und eng und unsere Babys müssen sich drehen und wenden, um es hinauszuschaffen. Dafür braucht es Teamwork zwischen Mutter und Kind. Sobald das Baby bereit ist, sorgt es für die entsprechende Ausschüttung von Hormonen bei der Mutter. Frei nach dem Motto: Jetzt kann’s losgehen.

Das Zusammenspiel zwischen Oxytozin und Adrenalin bewirkt sowohl Wehen als auch Wehenpausen. Je höher der Oxytozin-Spiegel desto stärker die Wehen. Damit wir die immer stärkeren Wehen auch aushalten, kommt uns das Stresshormon Adrenalin zu Hilfe. Dieses bewirkt die Wehenpausen. Erfährt die Mutter während der Geburt zu viel Stress, wird zu viel Adrenalin ausgeschüttet. Dadurch kann sich der Geburtsfortschritt verzögern. Daher sind Ruhe, eine entspannte Atmosphäre und vertraute Menschen während der Geburt für viele so hilfreich.

Neben den Hormonen helfen auch die Geburtsschmerzen der Mutter, sich so zu bewegen, wie es für sie und das Baby optimal ist. Je nach Geburtsfortschritt nimmt die Mutter aufgrund der Schmerzen häufig genau die Position ein, in der sie sich am wohlsten fühlt. Und was vielleicht auch schon aus dem Geburtsvorbereitungskurs bekannt ist: öffnet sich der Mund der Mutter, öffnet sich auch der Beckenboden eher.

Der magische Moment nach der Geburt

Die erste Stunde nach der Geburt wird (auch unter Wissenschaftlern) oft als „magische Stunde“ bezeichnet. Die Mutter ist voll mit Endorphinen und das Baby hellwach.

Idealerweise verbringt das Baby die erste Stunde ungestört auf dem Bauch der Mutter – Haut auf Haut. Hier kann es in Ruhe ankommen und sich auf eine selbständige Atmung umstellen. Jetzt beginnt meist das Bonding… das „sich verlieben“. Es ist überlebenswichtig für das Baby. Studien zeigen, dass Kinder seltener verlassen werden, wenn Mutter und Kind gleich nach der Geburt zusammen sind.

Und wenn die Geburt aus Sicht der Mutter nicht optimal verlief?
Manchmal bleibt ein ungutes Gefühl, vielleicht auch Scham oder Wut darüber, während der Geburt übergangen worden zu sein. Wenn dich der Gedanke an die Geburt traurig oder wütend macht, dann hole dir Hilfe. Spreche mit den betreuenden Fachleuten oder auch mit der Hebamme, die dich während der Geburt begleitet hat. Alternativ kannst du dich auch an das „Hilfetelefon Schwierige Geburt“ wenden. Erzähle deine Geschichte. Es ist eben nicht egal, wie wir gebären oder geboren werden. Die Beratung dort erfolgt von Fachkräften, anonym und kostenlos.

Auch wenn die Geburt traumhaft war und die Mutter schöne Erinnerungen daran hat, kann es im Wochenbett oder auch später zum sog. Babyblues kommen. 50 bis 80 Prozent der Frauen fallen in den ersten Wochen nach der Geburt in eine tiefe Traurigkeit, weinen oft, leiden unter Schlafstörungen oder sind innerlich extrem unruhig. Oft klingen diese Symptome nach ein paar Tagen ohne Behandlung von ganz allein ab. In manchen Fällen jedoch bleibt diese Verstimmung und könnte sich zu einer postpartalen Depression entwickeln. Hier ist es wichtig, sich sofort Hilfe zu suchen. Besonders die Hebamme ist hier ein erster Ansprechpartner. Eine postpartale Depression kann im gesamten ersten Jahr nach der Geburt auftreten, in manchen Fällen sogar noch später. Sie kann sowohl Mutter als auch Vater oder andere enge Bezugspersonen betreffen.

Wichtig: Eine postpartale Depression ist kein Versagen, kein persönliches Scheitern, sondern eine Erkrankung. Und sie kann geheilt werden!

Symptome einer postpartalen Depression können unter anderem sein:

Der/Die Betroffene

  • fühlt kaum etwas, ist weder traurig noch glücklich
  • hat keine Energie
  • ist reizbar
  • ist voller Sorgen und Zukunftsängsten
  • zweifelt an seinen Fähigkeiten als Elternteil
  • überlegt, das Kind wegzugeben oder ihm etwas anzutun

Bemerkst du selbst solche Gefühle an Dir, dann hole dir professionelle Hilfe. Deine Hebamme oder dein Hausarzt sind erste Ansprechpartner. Darüber hinaus findest du beim Verein „Schatten und Licht e.V.“ neben einem Selbsttest ebenfalls professionelle Hilfsangebote und vieles mehr.